Hamburgs Ortsschild ist vollgeklebt mit HSV
und St. Pauli Stickern. Na und? Das wäre in der Tat keine großartige Meldung
wenn wir hier nicht über das 500-Seelenkaff Hamburg an Südafrikas Sunshine
Coast sprechen würden. Selbst in dieses abgelegene Dörfchen treibt es also die
Hardcorefans der Hansestadt. Sonst hat das südafrikanische Hamburg allerdings
nicht viel gemeinsam mit seinem größeren deutschen Bruder. Hamburg besteht aus
einigen Strandhäusern, einem Backpackers, einem kleinen Township und hat einen
unbeschreiblich schönen Strand. Sonst ist nicht viel los.
Alleiniger Grund unseres Aufenthalts ist, dass
in Hamburg die Keiskamma Music Academy spielt. Es handelt sich um musikalisch
begabte Kinder aus dem örtlichen Township, die mehrmals in der Woche zusammenkommen
um in Kirchen aufzutreten oder kleine Konzerte zu veranstalten. Unser
Glücksfall: Keiskamma hat für die nächsten Tage ein Camp bei unserem
Hobbiton-Projekt gebucht, ist also unser gratis Ticket mit dem Hobbiton-Bus von
der Küste zurück nach Hause.
Morgen um zehn sollte es losgehen, wir hatten
also noch einen ganzen Abend vor uns. Da der einzige Pub schon um acht Uhr
seine Gäste nach Hause schickte, blieb uns also nichts anderes übrig als uns
gelangweilt und enttäuscht in den Schlaf zu weinen. Gäbe es da nicht noch die
Shabeens. Das Wort Shabeen steht für eine meist illegale Bar oder Kneipe im
Township –nicht gerade die beste Adresse zum Ausgehen. Da wir aber mit zwei
Einheimischen aus dem Ort unterwegs waren, schien die Idee nicht abwegig und
wir machten uns auf den Weg. Gut 30 Minuten liefen wir über dunkle Felder bis
wir hinter einem Hügel mit lautem Bass „Drop It Like It’s Hot“ dröhnen hörten.
Bei der Shabeen angekommen guckten die Leute nicht schlecht als sie fünf Weiße
in ihrem Club stehen sahen. Zuerst fühlte ich mich etwas unwohl. Zum einen weil
ich wie ein Außerirdischer angestarrt wurde und zum anderen, weil ich nicht
besonders gut bin im Droppen wenn es hot ist. Die Typen die vor mir tanzten
lagen fast akrobatisch auf dem Boden, standen aber gleichzeitig auf beiden
Beinen. Es ist schwer zu erklären, doch rein vom Körperbau betrachtet wären
diese Tanzeinlagen gar nicht möglich gewesen.
In dieser Shabeen fand sich ein wirklich
herrlicher Mix von Publikum zusammen. Es gab ganz harte Jungs in der einen Ecke
die um Geld würfelten und ihre Muskeln anspannten. Auf der anderen Seite
schminkten sich aufgetakelte Frauen und sahen aus, als ob sie in den teuersten
Club der Stadt einreiten wollten. Eine von ihnen zwinkerte mir zu und leckte
ihre Lippen, ich lehnte dankend ab. In der Mitte der Tanzfläche stand ein
älterer Mann, der andauernd auf seine Zeitung schlug. Auch wenn ich Mitleid mit
ihm hatte, im Ganzen war es doch ein amüsantes Bild.
Die Stimmung schlug plötzlich um als ein
Streit zwischen den harten Jungs ausbrach. Die aufgetakelten Frauen rannten
schreiend aus der Tür und auch wir machten uns auf den Weg nach draußen als
einer der beiden Kämpfenden ein Messer zog. Nach einigen Minuten beruhigten
sich alle wieder und das Problem schien gelöst. Wir spielten weiter Billiard
und wollten uns auch dann zurück zum Backpackers begeben, als der Typ von
vorhin, am Arm und Kopf blutend in den Raum stürzte und bewaffnet mit Axt und
Schlagstock auf seinen Gegner zurannte um seine Ehre zu verteidigen. Da wir eh
gehen wollten nutzten wir die Gelegenheit und verabschiedeten uns von dieser, ja doch
wirklich interessanten Erfahrung.
Am nächsten Tag hüpften wir mit der Music
Academy auf den Bus und starteten unsere Tour zurück nach Hogsback. Die Fahrt
verlief ohne Probleme, nur einmal hielten wir den Atem an. Da der Steuerknüppel
des alten Busses auf einem Berg abbrach, rollten wir ein paar Meter ungebremst
mit 40 Kindern den Hügel wieder herunter. Aber wie so oft war das Motto „We’ll
make a plan“ und so kamen wir zwar zwei Stunden später als vereinbart, aber
sicher und lebendig zurück in Hobbiton an.